Die Diskussion um die 4-Tage-Woche und flexible Arbeitsmodelle gewinnt in vielen Branchen an Bedeutung. Während Unternehmen in Bereichen wie IT oder Consulting bereits auf …
In Vorstellungsgesprächen begegnet sie uns immer noch – die altbekannte Frage nach der „größten Schwäche“. Immer wenn ich davon höre, denke ich: Warum greifen Unternehmen weiterhin auf solche veraltete Fragen im Recruiting und überholte Methoden zurück? Was soll diese Frage bringen? Und vor allem: Was sagt es über ein Unternehmen aus, wenn es immer noch solche Gesprächstaktiken verwendet?
Ich bin überzeugt: Diese Art von Fragen gehört endgültig abgeschafft. Und das sage ich nicht nur aus persönlicher Überzeugung, sondern auch aus der Erfahrung als Geschäftsführerin einer Personalvermittlung. Täglich erlebe ich, wie Bewerber in Gesprächen mit Fragen konfrontiert werden, die weder zeitgemäß noch zielführend sind.
Fragen wie „Was ist Ihre größte Schwäche?“, „Sind Sie bereit, Überstunden zu machen?“ oder „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ wirken auf den ersten Blick vielleicht harmlos, sind es aber nicht. Sie erzeugen eine künstliche Distanz zwischen Gesprächspartnern und schaden der Beziehung von Anfang an.
Sie setzen Bewerber unter Druck.
Statt Vertrauen aufzubauen, wird Stress erzeugt. Der Bewerber fühlt sich in die Defensive gedrängt und sucht nach einer Antwort, die „richtig“ klingt – nicht nach einer, die ehrlich ist.
Sie liefern keine echten Erkenntnisse.
Wer solche Fragen stellt, bekommt keine authentischen Antworten. Stattdessen hören wir Standardfloskeln wie „Ich bin zu perfektionistisch“ oder „Ich verliere mich manchmal in Details“. Damit lässt sich kein ehrliches Bild von der Person zeichnen.
Sie spiegeln die falsche Unternehmenskultur wider.
Solche Fragen wirken antiquiert und autoritär. Sie senden die Botschaft: Hier zählt Anpassung mehr als Persönlichkeit. Gerade in einer Zeit, in der Teamgeist, Werte und Flexibilität entscheidend sind, schreckt Toptalente so was ab.
Veraltete Fragen im Recruiting bringen weder Unternehmen noch Bewerber weiter. Meiner Meinung nach sind klassische Fragen längst überholt.
„Was ist Ihre größte Schwäche?“
Niemand wird hier seine tatsächlichen Schwächen offenlegen – aus Angst, damit seine Chancen zu gefährden. Die Antworten sind vorhersehbar und bringen dem Gespräch keinen Mehrwert.
„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“
Die Arbeitswelt von heute ist dynamischer denn je. Viele Bewerber wissen nicht genau, was in fünf Jahren für sie wichtig sein wird – und das ist völlig legitim. Statt diese Frage zu stellen, sollten wir erfahren wollen, was den Bewerber heute antreibt und begeistert.
„Sind Sie bereit, Überstunden zu machen?“
Eine Frage, die impliziert: „Hier wird mehr erwartet, als Sie vielleicht leisten wollen.“ Sie schreckt nicht nur ab, sondern ist auch ein klares Signal, dass Work-Life-Balance in diesem Unternehmen zweitrangig ist.
Recruiting ist keine Prüfung, sondern ein Kennenlernen. Es geht darum, zu verstehen, wie ein Bewerber denkt, was ihn motiviert und welche Werte ihm wichtig sind. Das schaffen wir nicht durch Fangfragen, sondern durch einen ehrlichen Dialog.
Besser sind Fragen, die offen und neugierig gestellt werden, wie:
„Was begeistert Sie an Ihrem Beruf?“
„Was brauchen Sie, um Ihre Arbeit mit Freude und Erfolg zu machen?“
„Wie sieht ein Arbeitstag aus, an dem Sie besonders zufrieden sind?“
Solche Fragen schaffen Vertrauen und ermöglichen es Bewerbern, sich authentisch zu zeigen. Gleichzeitig erhalten wir als Führungskräfte echte Einblicke in die Persönlichkeit, die Motivation und die Werte der Person.
Wenn wir im Recruiting erfolgreich sein wollen, müssen wir umdenken. Es reicht nicht, die besten Talente zu finden – wir müssen sie auch für uns gewinnen. Und das schaffen wir nicht durch Druck und veraltete Methoden, sondern durch Offenheit und Respekt.
Die Frage „Was ist Ihre größte Schwäche?“ oder ähnliche Klassiker gehören endgültig der Vergangenheit an. Lassen Sie uns den Bewerbungsprozess als den Beginn einer Partnerschaft sehen – nicht als Test oder Verhör. Recruiting ist der Startpunkt einer Zusammenarbeit, die im Idealfall auf gegenseitigem Vertrauen basiert.
Jetzt ist die Zeit, neu zu denken und die richtigen Signale zu setzen. Denn wer auf alte Methoden setzt, wird in einer modernen Arbeitswelt auf der Strecke bleiben.
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